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Eindrücke aus den 1940er-Jahren
1942 - Triebwagen 94 im Krieg
Im Frühling 1942 wurde dieses Bild vor dem Städtischen Krankenhaus in der Nordhäuser Straße aufgenommen. Es herrscht Krieg, aber noch ist das furchtbare Ende in weiter Ferne. Der Triebwagen 94 muss eine Scheinwerferblende tragen, um kein Licht nach oben abzustrahlen, das feindlichen Flugzeugen Anhaltspunkte geben könnte, aber noch wähnte man den Luftraum sicher. Neben dem Fahrer stehen zwei Schaffnerinnen, propagandistisch Arbeitsmaiden genannt, die während und nach der Schulzeit arbeiten mussten, um den kriegsbedingten Aderlass bei der Belegschaft der Verkehrs AG zu kompensieren. Noch nehmen die jungen Damen das mit Humor, aber der wird nicht bleiben....
1942 - Fahrplanauszug Nottlebener Kleinbahn
Mit diesem Bild schauen wir mal über den Tellerrand: In unserem Archiv findet sich ein Fahrplanauszug der Nottlebener Kleinbahn, eingeordnet in das Jahr 1942. Interessant ist, dass die erst 1926 in Betrieb genommenen Eisenbahnstrecke, die übrigens damals nicht zur Reichsbahn gehörte, im Abschnitt Westbahnhof - Nordbahnhof seit 1939 mit Reisezügen schon nicht mehr bedient wurde. Der Nordbahnhof wird im Fahrplan als Erfurt Nordwest bezeichnet, weil die Bahn etwas nördlicher neben den Reichsbahnanlagen des Nordbahnhofs endete und ein ca. 100m langer Fußweg zum Bahnhofsgebäude erforderlich war.
Stattdessen wird auf die Verbindung mit der Straßenbahn verwiesen, was eine ziemliche Nebelgranate ist, denn umsteigefrei konnte man nicht vom West- zum Nordbahnhof gelangen und der im Fahrplan erwähnte Haltepunkt Marbach war per "Bimmel" schon gar nicht zu erreichen. Der Haltepunkt befand sich übrigens direkt hinter dem Bahnübergang Schwarzburger Straße, also sehr am Rand der alten Ortslage.
Jedenfalls war man ab dem Westbahnhof mit der Straßenbahn sehr viel schneller in der Stadt als mit der Kleinbahn via Nordbahnhof und das war der Ausschlag gebende Fakt, der den Personenverkehr dort obsolet machte. Während der verbliebene Reisezugverkehr auf der Reststrecke Nottleben - Westbahnhof 1967 eingestellt und dann mit Bussen der EVB bis zum Busbahnhof abgewickelt wurde, blieb das Streckenstück vom Nordbahnhof bis zum Anschlussgleis des Flughafens Bindersleben erhalten, um im Kriegsfall mit Kesselwagen die Flugzeugbetankung vornehmen zu können. Natürlich blieben auch weitere Anschlussgleise "unterwegs" erhalten, der eine oder andere wird sich auch noch an die bis in die 90er Jahre genutzte Andienung der Getreidesilos oder des Fernheizwerkes in Marbach erinnern. Reste der Gleisanlagen sind ja stellenweise noch sichtbar. Auch das Bahnhofsgebäude des Westbahnhofes in der Binderslebener Straße steht noch.
Und dann wurde auf der ertüchtigten Kleinbahnstrecke - nunmehr unter Reichsbahnflagge - ja 1976 der S-Bahn-Verkehr zwischen dem Haltepunkt Berliner Straße und dem Hauptbahnhof aufgenommen und es verkehrte an einigen Wochenenden auch eine Museumsbahn, mit Dampfloks selbstverständlich. Aber das ist ja schon wieder eine neue Geschichte...
1948 - Triebwagen 24 auf dem Betriebshof Nordhäuser Straße
Auch in schweren Zeiten war ein gepflegter Fahrzeugpark ein Markenzeichen der Erfurter Straßenbahn. Hier sind 1948 im Betriebshof Nordhäuser Straße fleißige Kollegen dabei, dem Triebwagen 24 (Baujahr 1925) zu sauberen Scheiben zu verhelfen. Er hat seine Notverglasung wieder gegen richtige Scheiben getauscht, die damals übrigens noch reines Fensterglas waren, Sicherheitsglas fand erst ab den 50er Jahren Eingang in den Straßenbahnwagenbau. Immerhin wird es noch ein Jahr dauern, bis die letzten Wagen wieder vollständig verglast sind.
Waschanlagen für Straßenbahnen waren zu der Zeit noch nicht üblich, solche Reinigungsarbeiten waren reine Handarbeit. Allenfalls eine Handwaschbürste mit angeschlossenem Wasserschlauch stand zur Verfügung, deshalb auch die Gummistiefel der beteiligten Herren…
1940er-Jahre - Winterdienstwagen
Für einen Straßenbahnbetrieb eher ungewöhnlich ist die Existenz eines Fahrzeuges ohne Betriebsnummer. Auf welcher Grundlage die Dokumentation auch früher schon vorgeschriebener Wartungs- und Kontrolldurchsichten durchgeführt wurden, entzieht sich unserer heutigen Kenntnis, Unterlagen dazu sind leider nicht mehr vorhanden.
Der auf dem Bild zu sehende Winterdienstwagen wurde jahrzehntelang als Salzlore verwendet. Untergestell ist ein alter Pferdebahnwagen noch mit originalen Speichenrädern. Zwischen den Rädern kann man die Fallrohre für das Salz sehen, das per Hand in die Trichterenden der Fallrohre geschaufelt wurde, daher auch die Reling auf den Seitenwänden für die mitfahrenden Kollegen. Ganz sicher war das kein Vergnügen.
Bliebe noch zu ergänzen, dass Fahrzeuge mit Holzaufbauten wegen des Salzes wesentlich robuster waren als solche aus Stahl, deswegen hatten neuere Fahrzeuge, die als Salzwagen verwendet wurden, eine viel kürzeres Leben. Immerhin ging unser Wagen erst 1961 den Weg allen alten Eisens.