1953 - Bus 84 in Naumburg

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Ein Bild vom Naumburger Marktplatz 1953. Der gerade in bescheidenem Umfang angelaufene Reiseverkehr -heute würde man Bustouristik sagen- führte den Bus 84 hierher. Dass es ein Mercedes-Benz ist, erkennt man nicht auf den ersten Blick. Dabei ist der Lebenslauf dieses Fahrzeuges durchaus nicht untypisch für die Zeitumstände.

1938 hat die Erfurter Straßenbahn AG 26 Busse von Mercedes-Benz als Nummer 50 -75 beschafft, in unterschiedlichen Ausführungen. Damals war üblich, dass die Karosserien von Waggon- und Karosseriebauern auf Kundenwunsch gefertigt wurden, Busse mit gleicher Typenbezeichnung konnten daher durchaus unterschiedlich aussehen. Und so wurde die Mehrzahl dieser Busse für Erfurt vom Hauslieferanten Lindner in Ammendorf bei Halle karossiert. Die relativ hohe Stückzahl dieser Busse erklärt sich übrigens dadurch, dass alle älteren Fahrzeuge mit Otto-Motoren ersetzt werden sollten, der Otto-Motor war wegen seiner Drehmomenten-Kennlinie für schwere Nutzfahrzeuge eher weniger geeignet.

Als für die Wehrmacht ab 1939 Busse beschlagnahmt wurden, wählte das Militär selbstverständlich die modernsten aus, und so waren nach 1945 nur noch 9 dieser Fahrzeuge vorhanden ( 50,52,56,61,65,66,71,73,74 - für die Statistiker unter den Lesern). Neufahrzeuge gab es zunächst nicht und es wurde natürlich Ausschau nach jedem erreichbaren Bus oder geeigneten Fahrgestell gehalten. Und so kam der Bus 84 1952 zur EVB. Da die Busse in jener Zeit fortlaufend nach Indienststellung nummeriert wurden, erklärt dies die hohe Betriebsnummer des ebenfalls 1938 gebauten Fahrzeuges, das zwar ein baugleiches Fahrgestell wie die schon erwähnten Busse hatte, aber einen anderen Aufbau, der allerdings den nicht in Ammendorf karossierten Bussen 56 bis 58 ähnelte.

Unser Bus war im Karosseriewerk in Erfurt neu aufgebaut worden, ob vor oder nach Übernahme durch die EVB lässt sich leider nicht mehr feststellen. Der Einbau eines anderen Motors hatte zur Folge, dass die originale Motorhaube nicht mehr passte und so kam der Bus zu seinem im Bild sichtbaren Äußeren. In dieser Form tat der Bus in Erfurt immerhin noch bis 1965 Dienst.

1955 - Vor dem Erfurter Hof

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Ein Bild vom internationalen Jugendtreffen 1955 in Erfurt, bei dem mit allem, was rollen konnte, seitens der EVB die Teilnehmer durch die Stadt zu befördern waren. Hier sieht man vor dem Erfurter Hof zwei Ammendorfer Triebwagen von 1930 auf der Linie 4 und dahinter einen neuen H6-Bus – und natürlich beachtliche Menschenmassen. Die Beflaggung des Hotels entsprach dem Zeitgeist, denn solche Veranstaltungen waren mit der üblichen Propaganda verbunden. Und noch nebenbei sind im Bild die damals verwendeten schwarz-gelben Verkehrszeichen für Fußgängerüberwege zu sehen, die überwiegend im Dunkeln beleuchtet waren und damit gut zu erkennen.

1956 - Obus auf dem Anger

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Sieht unser grüner Obus 10 nicht chic aus? Er ist einer von 4 zwischen 1952 und 1954 gelieferten LOWA-Obussen ( Nr.7-10 ), am Anger 1956 aufgenommen. In Richtung Melchendorf eingedrahtet, wird er vermutlich zeitnah seine Fahrt antreten. Die vom Fahrzeughersteller in Werdau gelieferten Obusse hatten ein vom Dieselbus H6B bzw. dessen Vorgänger abgeleiteten Niederrahmen, der aber nicht baugleich war. Dennoch war die ähnliche Fahrzeuggestaltung unübersehbar. Im Unterschied zum H6B hatten die Obusse eine richtige Fahrerkabine über die gesamte Fahrzeugbreite, eine heute eher nicht zu verstehende Raumverschwendung. Dementsprechend besaßen die Obusse im vorderen Bereich eine geänderte Fensterteilung. Die elektrische Ausrüstung der Obusse war erstmals komplett von VEM geliefert worden, bis dahin wurde noch auf Teile aus Vorkriegsbeständen oder Zulieferteile aus der Bundesrepublik, die der Verkehrsbetrieb selbst organisieren musste, zurückgegriffen.

Eine Besonderheit waren die an den vorderen Ecken angebrachten, im Dunkeln leuchtenden Pendelwinker zur Fahrtrichtungsanzeige. In abgewandelter Form war das bei allen Kfz. Standard, Blinker kamen erst Ende der 50er-Jahre auf und wurden zuerst bei Pkw. verwendet. Die Beschriftung mit Schattenschrift ist auch ein Accessoire jener Zeit, und neben den Türen findet sich der Hinweis, dass vorn nur aus- und hinten eingestiegen wird. Vor der hinteren Tür befand sich nämlich ein Schaffnersitzplatz, bei genauerer Betrachtung kann man den Schaffner sogar sitzen sehen. Die hintere Falttür wurde übrigens von ihm mit Druckluft betätigt, die vordere Schiebetür musste der Fahrer per Seilzug öffnen und schließen. Und noch etwas fällt bei näherem Hinsehen auf: Die Zielangabe E-Wagen. Sie war bei den Fahrpersonalen sehr beliebt, um das anstrengende Schilderdrehen zu vermeiden und für den Fahrgast musste reichen, dass er die Himmelsrichtung kannte...

1957 - Blick in einen Bus zum Feierabend

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Ein Blick in einen der alten H6B-Busse. Die Inneneinrichtung entspricht der Überlandausführung dieses Typs, zu erkennen an der hinteren Klapptür. Die meisten der zwischen 1954 und 1959 beschafften 19 Busse dieses Typs waren in der Ausführung geliefert worden, daneben gab es noch eine Stadtbusvariante mit Lufttüren und eine Reisebusversion mit "fernbustauglichen" Sitzen.

Hersteller war zunächst das Fahrzeugwerk "Ernst Grube" in Werdau, die letzten 8 Busse lieferte der Waggonbau Ammendorf. Diese Busse liefen in Erfurt hauptsächlich im Vorort- und Überlandverkehr und tauchen auf Bildern vom Busbahnhof zu jener Zeit dementsprechend auch häufig auf, nicht selten mit einem dazu passenden Busanhänger.

Neben Gepäcknetzen und Klapptüren sowie Dachgepäckträgern samt Leiter waren für diese Busse Ledersitze ohne Rücklehne charakteristisch, die zwischen die Doppelsitze links und rechts eingehängt werden konnten und damit zusätzliche Sitzmöglichkeiten schufen. Dass damit der Schaffner nicht mehr durchkam und das ganze beim Fahrgastwechsel ziemlich hinderlich war, versteht sich von selbst. Der Herr mit der Brille geradeaus sitzt auf solch einem Sitz, der hinter ihm sitzende auf der durchgehenden Rückbank. Überhaut wirkt die Inneneinrichtung aus heutiger Sicht ziemlich spartanisch. Das tut der guten Stimmung im Bus offenbar keinen Abbruch, was darauf schließen lässt, dass das Bild zum Feierabend entstand. Übrigens 1957.

Bis Mitte der 70er-Jahre wurden die Fahrzeuge ausgemustert, nicht ohne zwischendurch überholt, umgebaut und auch umlackiert worden zu sein, die hellgrün/dunkelgrüne Farbe des Lieferzustandes hatten zum Schluss nur noch wenige Busse. Und auch jene Ledersitze waren nicht mehr vorhanden, als die letzten Ammendorfer ihren Dienst quittierten.

Bliebe noch zu ergänzen, dass die 1969 als erste ausgesonderten Wagen 87 und 92 Spenderfahrzeuge für die von der Karosseriefirma Fleischer  gelieferten Reisebusse 173 und 174 waren. Diese chicken Busse waren zu der Zeit der Stolz der alten EVB, viel Freude kam mit ihnen dennoch nicht auf. Denn die Verwendung zwar aufgearbeiteter, aber eben alter Achsen, Getriebe und Motoren beendeten das Dasein dieser Busse schnell, abgesehen davon, dass die Nutzung der nur bedingt reisebustauglichen Bauteile zu einem recht langsamen und untermotorisierten Fahrzeug führten.

1958 - Arbeitstriebwagen 18 auf dem Bahnhofsvorplatz

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Wir springen in das Jahr 1958. Am Bahnhofsvorplatz fährt an der Haltestelle der Linie 4 in Richtung Breitscheidstraße der blaugraue Arbeitstriebwagen 18 auf seinem Weg zum Betriebshof vorbei. 1925 in der Waggonfabrik Weimar gebaut, trug er im Personenverkehr die Nummer 18 und versah ab 1952 seinen Dienst als Gleisbautriebwagen. Die Gleisbauer fuhren darin zur Baustelle, das Material wurde damit vom Gleisbaulager des Betriebshofes Karl-Marx-Allee zur jeweiligen Baustelle transportiert. Beim genaueren Hinsehen kann man auf der hinteren Plattform auch Gasflaschen zum Schweißen erkennen.

Die Fahrzeugsituation war schwierig, jeder Wagen wurde gebraucht. Kraftfahrzeuge und Kraftstoffe waren auch in Erfurt noch immer Mangelware. Straßenbahnwagen wurden häufig und in vielen Verkehrsbetrieben für Arbeitszwecke eingesetzt. Die Vielseitigkeit des Triebwagens war deshalb besonders wichtig. Über die noch vorhandenen Gleiswechsel konnte der Allrounder auch im laufenden Betrieb “beiseite” genommen oder gewendet werden.

Unser Triebwagen versah bis 1962 zuverlässig seinen Dienst, wurde aber nach einem größeren Schaden ausgemustert und durch einen noch älteren Arbeitsbeiwagen ersetzt: Aus dem schon länger abgestellten Reklamebeiwagen 5 von 1899 wird der “neue” Schweißwagen 7 rekrutiert, selbstverständlich in der damals in Erfurt üblichen blaugrauen Livree. 1965 wird auch das Ersatzfahrzeug abgestellt und später leider verschrottet.
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Arbeitstriebwagen 18 versah bis 1962 zuverlässig seinen Dienst, wurde aber nach einem größeren Schaden ausgemustert und durch einen noch älteren Arbeitsbeiwagen ersetzt: Aus dem schon länger abgestellten Reklamebeiwagen 5 von 1899 wird der “neue” Schweißwagen 7 rekrutiert, selbstverständlich in der damals in Erfurt üblichen blaugrauen Livree. 1965 wird auch das Ersatzfahrzeug abgestellt und später leider verschrottet.

1958 - Triebwagen 68 vor der Lutherkirche

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Wenn wir uns den Triebwagen 68 vor der Lutherkirche auf dem Bild aus dem Jahre 1958 so angucken, dann fallen dem geneigten Betrachter zwei Dinge auf: An den Seiten zwischen den Fenstern waren die seit den 30er Jahren vorgeschriebenen Fahrtrichtungsanzeiger angebracht, die nicht etwa blinkten, sondern ein rotes Dauerlicht zeigten. Die Beiwagen hatten übrigens keine solchen Lampen.  In dieser Zeit gab es auch keine Bremslichter, es reichte ein nach hinten zeigendes rotes Licht bei Dunkelheit aus.

Und zweitens hat der Triebwagen keine Rückspiegel. Die Rückspiegel wurden erst Mitte der 60er Jahre vorgeschrieben, und nicht etwa zur Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs, sondern mit Einführung des schaffnerlosen Betriebes zur Überwachung des Fahrgastwechsels an den Haltestellen. Deswegen haben auch die meisten Triebwagen nur rechts, also auf der Türseite, Rückspiegel gehabt. Linke Spiegel kamen erst auf, als wegen des zunehmenden Straßenverkehrs und der Möglichkeit, in Einbahnstraßen die Bahn auch links zu überholen wenn das rechts nicht möglich war, eine Beobachtung auch links zweckmäßig wurde. Dies traf allerdings nicht auf alle Straßenbahnbetriebe der DDR zu, war also von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich.

Noch ein paar Worte zum Triebwagen: 1926 wurden 10 neue Triebwagen von der Waggonfabrik Weimar geliefert, die ersten neuen Triebwagen nach dem ersten Weltkrieg. Mit ihren 32kW-Motoren waren die Wagen nicht üppig motorisiert, aber zu der Zeit war auch nur das Mitführen eines Beiwagens üblich. Es waren die letzten Triebwagen, in denen es nur Längssitze gab (20), ab den 1930 gelieferten Triebwagen war eine für Erfurt typische Mischung aus Längs- und Quersitzen üblich bis zu den ersten Neufahrzeugen der 50er Jahre.

Ähnliche Triebwagen lieferten die Waggonfabriken in Gotha und Ohrenstein und Koppel nach Jena, Weimar ( dort gab es auch mal eine Straßenbahn ),Gotha und Eisenach sowie an die selbstständige Berliner Hochbahngesellschaft, die wegen einer nicht realisierten Hochbahnstrecke eine Straßenbahn – die sogenannte Flachbahn – betrieb, aber das näher zu beleuchten würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Die Thüringer Wagen wechselte denn auch die Einsatzorte, denn die Weimarer Wagen gelangten wegen der dortigen Betriebseinstellung 1937 nach Jena und Erfurter Wagen nach Mühlhausen, Eisenach und Gera.

1959 - Zwei Beiwagen auf dem Fischmarkt

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Das Bild zeigt zwei Beiwagen auf dem Fischmarkt aus dem Jahr 1959. Für die Erweiterung des Beiwagenbetriebes mussten in den 50er Jahren neue Fahrzeuge beschafft werden. Deshalb wurden 1952, 1954 und 1957 jeweils 3 Beiwagen, einer nur für Erfurt gebauten Type beschafft, abseits der eigentlich für die DDR vereinbarten sogenannten LOWA-Normen (LOWA ist die Abkürzung für Lokomotiv - und Waggonbau).

Mit den 3-türigen Beiwagen gab es erstmals einen Schaffnerplatz an der 3. Tür, bei dem der Schaffner sitzen konnte und das Fahrgastflussprinzip erprobt wurde. Das heißt, die Fahrgäste stiegen an der hinteren Tür ein und an den beiden anderen Türen wieder aus.

Alle Serien unterschieden sich voneinander  z.B. in der elektrischen Ausrüstung oder den Türschließeinrichtungen, die sich allesamt nicht bewährten. Die Wagen liefen zunächst auf der Linie 3 hinter Vorkriegs- und später Gothaer Einheitstriebwagen, später kamen sie auf den Linien 1 bzw. 1E und 4 zum Einsatz. Die Wagen waren ziemlich rostanfällig, so dass ihre Ausmusterung schon 1968 begann und 1973 endete.

Ende der 50er-Jahre auf dem Anger

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Das Bild zeigt den Anger, aufgenommen Ende der 50er Jahre. Neben zwei Straßenbahnzügen der Linie 1 hinten sehen wir einen einfahrenden Zug der Linie 3, der Beiwagen ist einer der 9 in den 50er Jahren gelieferten Einrichtungsbeiwagen aus Gotha, die es in dieser Ausführung nur in Erfurt gegeben hat. Davor steht ein alter Triebwagen des Baujahres 1912, die zu der Zeit noch den Verkehr auf den Linien 2/5/5E mit bestimmten. Mangels Wendemöglichkeit an der Steigerstraße liefen auf diesen Linien überwiegend Solowagen. Die heute bekannte Wendeschleife wurde übrigens 1963 gebaut.

Beachtung verdient aber auch der Obuszug: Während der Obus noch das alte Livree in bremerblau trägt, ist der Beiwagen schon elfenbein lackiert und hat lediglich sein grünliches Dach behalten. Diese Farben erhielten dann alle Altfahrzeuge, während die ab 1960 gelieferten Skoda-Obusse ganz in Elfenbein liefen. Der Obus ist ein Standard-Wagen der Kriegsbauart der Normgröße II. Bei der Waggonfabrik Schumann in Werdau lagerten noch größere Mengen angearbeiteter bzw. angelieferter Teile, aus denen dann nach dem Krieg noch Fahrzeuge fertig gebaut wurden. Aus diesem Bestand erhielt Erfurt 5 Wagen und dazu passend 8 Anhänger. Die Überzahl erklärt sich daraus, dass die Anhänger auch hinter Kraftomnibussen fuhren und behelfsmäßig sogar hinter einer Zugmaschine. Alle diese Fahrzeuge quittierten bis 1966 den Dienst.

Auf zwei Dinge wollen wir noch näher eingehen, nämlich dass diese kantigen Fahrzeuge in Einfachbauweise erstellt wurden, den Zeitumständen entsprechend. Die Karosse bestand aus einem Stahlrahmen, der mit verblechten Hartfaserplatten beplankt war, erst später wurden die Karossen ganz mit Stahlblechen versehen, nachdem sich diese Kriegsbauweise- wie erwartet und auch beabsichtigt- nur als Übergangslösung bewährt hatte. Immerhin hielten die Wagen viel länger durch als eigentlich mit der Kriegs-Behelfsbauweise geplant war. Zweitens hatten sowohl die Obusse wie auch die Beiwagen Zwillingsbereifung, weil Reifen größerer Tragfähigkeit einfach nicht zur Verfügung standen, das gilt für alle ab 1944 gebauten Kriegsobusse der Normgröße II und die entsprechenden Beiwagen. Und ein Obus mit Zwillingsreifen auf der Vorderachse sieht nicht nur ungewöhnlich aus, er lässt sich auch nur noch mit einer Lenkhilfe fahren, die man ja eigentlich in Kriegszeiten schon als eher überflüssige Technik ansehen könnte. Offensichtlich war das aber das kleinere Übel, und aus dieser Tatsache heraus erklärt sich wiederum, dass es auch Obusfahrerinnen gab, denn dank dieser Technik war das Lenken im Gegensatz zu den vorhandenen Kraftomnibussen leichter.
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1950er- Jahre - Triebwagen 118 bis 120 aus Leipzig

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Diese Bilder stammen aus dem Jahr 1955. Erfurt wächst und demzufolge nehmen auch die Fahrgastzahlen zu. Eine Vergrößerung des Wagenparks stand auf der Tagesordnung, sowohl beim Obus, Omnibus wie auch bei der Straßenbahn. Neufahrzeuge waren nicht so ohne weiteres zu bekommen, schließlich waren in der DDR noch immer kriegsbeschädigte Fahrzeuge zu reparieren oder neu aufzubauen. Die guten Beziehungen der Direktion nach Leipzig hatten schon beim Ausleihen von zwei Obuszügen der LVB geholfen, und so war man zunächst erfreut, in Leipzig drei überzählig gewordene Triebwagen übernehmen zu können, die selbstverständlich umgespurt werden mussten. In Leipzig war man zum verstärkten Betrieb mit 3-Wagen-Zügen übergegangen, das sparte Personal, also vor allem Fahrer und mit der Einführung von Zeitkartenwagen auch Schaffner. Die nicht mit zwei Beiwagen behängbaren Triebwagen waren daher zum Teil vakant, und so gelangten drei dieser Fahrzeuge auch nach Erfurt als Triebwagen 118 bis 120.
 
An den Triebwagen hatte man keine Freude. Die 1913 gebauten Wagen erwiesen sich trotz Aufarbeitung in der Leipziger Hauptwerkstatt als sehr störanfällig. Zur Schonung der Motoren wurden Sie nicht mit Beiwagen behängt und liefen auf der damaligen Linie 4, an deren Ende in der Breitscheidstraße ja gleich die Werkstatt war. Als Einsatzwagen auf der 4E, die am Hauptbahnhof endete, ersparte man ihnen tunlichst zum Ende hin das "Bergsteigen" zur Thüringenhalle, aber das war natürlich nicht immer möglich. Und so schloss sich bereits eineinhalb Jahre später das Erfurter Kapitel dieser Wagen - aber nicht etwa in Richtung Schrott. Fahrzeugengpässe in Eisenach und Mühlhausen führten zur Weiterreichung dorthin. Die 118 wurde 1956 Eisenach 28, die 120 gelangte ebenfalls dorthin, wurde aber ohne Einsatz 1957 nach Mühlhausen (dort TW 38) abgegeben, und in diesem Jahr gelangte auch die 119 als TW 45 dorthin. Offensichtlich kamen die beiden Betreiber besser mit den Wagen zurecht, Anfang der 60er Jahre wanderten sie aber in den Arbeitswagenpark ab.
 
Unsere Bilder zeigen die Triebwagen 118 und 120 kurz vor der Abgabe nach Eisenach in der Breitscheidstraße 1956, den Triebwagen 39 (ex 45) 1960 im Depot in Mühlhausen und ebenda den gleichen Wagen, nunmehr als Arbeitswagen, kurz vor Einstellung des Betriebes auf der dort vorhandenen Schiebebühne.
 
Bliebe noch zu ergänzen: Einer hat überlebt. Mit der Einstellung der Eisenacher Straßenbahn gelang es Leipziger Straßenbahnfreunden, den dort verbliebenen Triebwagen zu retten und nach Leipzig zurückzuholen, für die dortige historische Sammlung und inzwischen in den Ursprungszustand zurückversetzt.