Eindrücke aus den 1970er-Jahren
Anfang der 70er-Jahre auf dem Anger

Im Vordergrund steht ein Sprengwagen der Stadtwirtschaft, zu dieser Zeit war es noch üblich an heißen Sommertagen den Staub auf den Straßen zu binden. Über den Anger fließt noch-ampelgeregelt- der Kraftfahrzeugverkehr. Unser Verkehrsturm ist zu sehen und ein Verkehrszeichen, unterhalb des Turmes im Bild, verbietet das Befahren mit Pferdefuhrwerken.
Man beachte auch die Verkehrszeichenkombination einer Hauptstraße, die der Straßenbahn die Vorfahrt einzuräumen hat, gängige Praxis bis zum Ende der DDR und ab Mitte der 70er Jahre generelle Vorschrift ohne Verkehrszeichen…
Im Hintergrund biegt gerade ein Vorkriegsstraßenbahnzug bei der Überführung vom Depot in der Nordhäuser Straße zum Betriebshof in der damaligen Karl-Marx-Allee ab. Er wird am Platz der DSF, der heute wieder Hirschgarten heißt, durch die Wendeschleife für die Einsatzwagen der damaligen Linie 1E drehen und in wenigen Minuten nach diesem Bild erneut das Angerkreuz passieren.
Auf der Linie 1 sind noch die vertrauten Gotha-3-Wagenzüge zu sehen und der Oberleitungsmast in der Mitte, der der komplizierten Aufhängung der Obus-Fahrleitung der hier befindlichen Wendeschleife dient, verdeckt einen Wartburg-Camping, der im Volksmund wegen seiner gebogenen Oberlichtscheiben Schneewittchensarg genannt wurde.
In wenigen Jahren wird die Umgestaltung des Angers zur Fußgängerzone beginnen und heute kann man sich kaum noch vorstellen, dass der Anger einmal auch dem Kraftfahrzeugverkehr diente.
1970 - Triebwagen 105 in der Breitscheidstraße

Die Öldruckfahrschalter bewährten sich nicht. Eigentlich wollte man die bei den üblichen Nockenfahrschaltern vorhandenen Hebel, die einem gewissen mechanischem Verschleiß unterliegen, durch eine verschleißarme hydraulische Vorrichtung ersetzen, die dann auch ermöglicht hätte, den Fahrschalter nicht mehr unbedingt auf der Plattform vor dem Fahrer anzuordnen. In der Praxis traten dann aber zwei gravierende Probleme auf: Der Druck ließ sich nicht ausreichend genau dosieren, so dass der Wagen nicht exakt schaltete und nicht nur “Bocksprünge” machte, sondern auch beim Bremsen unzuverlässig war. Und zum anderen gelang es nicht die Hydraulikleitungen dauerhaft dicht zu halten. Und so war der Wagen nur gelegentlich im Einsatz, die AEG als Lieferant der Fahrschalter war des Öfteren in Erfurt zu Gast, bis man wegen des Krieges das Projekt einfror und den Wagen zunächst abstellte.
Auch ein Versuch nach dem Krieg, den Wagen wieder in Betrieb zu nehmen, scheiterte, nunmehr kam das Problem hinzu, dass die AEG nicht in der sowjetischen Besatzungszone lag. Erst 1952 gelang es den Wagen nach gründlicher Aufarbeitung und Umbau wieder in Betrieb zu nehmen, nunmehr wieder mit einem normalen Nockenschaltwerk. Nach Planungen bereits aus der Kriegszeit, das gesamte Streckennetz für den Einrichtungsbetrieb mit Wendeschleifen auszurüsten, wurde der TW 105 auch der erste Triebwagen, der links keine Türen mehr besaß und auch nur noch einen Führerstand. Damit konnten auch alle Sitze quer in Fahrtrichtung angeordnet werden. Sie entsprachen den in den 3-türigen neuen Beiwagen verwendeten. Gegen über den anderen Wagen dieses Typs wurden auch die Seitenbleche tiefer herunter gezogen und die Fensterecken ausgerundet, so dass der Triebwagen optisch von den anderen zu unterscheiden war. In dieser Form fuhr der Wagen bis 1975 im Personenverkehr.
1973 - Schmidtstedter Knoten

Was gibt es noch zu sehen? Die Obusfahrleitungen der Daberstedter und der Melchendorfer Linie hängen noch und an dem Wartburg im Vordergrund müssten mal der Schließkeil und die Scharniere der Beifahrertür eingestellt werden...

Das Bild entstand kurz vor dem Abriss der im Bild sichtbaren Gebäude, links das alte Wannenbad. Für die jüngere Generation: Da in den meisten Wohnungen der Gründerzeit keine Bäder vorhanden waren, konnte man für einen geringen Obolus in solchen Wannenbädern duschen oder baden. Das Personal darin war zumeist besonders...
Rechts sieht man die alten Wohnhäuser zur Thälmannstraße. Der Zustand der alten Gleise der damaligen Linie 4 deutet schon auf die unmittelbar bevorstehende Einstellung der Straßenbahn hin. Die Fahrleitung sieht um nichts besser aus, die im Bild erkennbaren dunklen Stellen sind Fahrdrahtklemmen, die zur Reparatur vor allem nach Defekten verwendet werden, wenn Stücke ersetzt werden müssen. Und die im Bild rechts zu sehenden beiden Fahrdrahthalter gehören zur offenbar schon außer Betrieb genommenen Obuslinie nach Daberstedt. Erstaunlich dagegen ist der spärliche Individualverkehr, zu dieser Zeit war die Kreuzung eigentlich permanent zugestaut.

1975 - Umbau Gothaer Platz

Die Wendeschleife ist übrigens wegen der Verlängerung der Linie 2 zur IGA geschaffen worden, da das bisherige Stumpfwenden an der Meineckestraße nicht mehr möglich war. Dafür wurde wegen der Platzverhältnisse eine Dreiwegweiche eingebaut, die in den Fahrerkreisen gefürchtet war. Da sie elektrisch mittels Fahrstrom über Kontaktschleifen an der Fahrleitung gestellt wurden, die kurz hintereinander lagen, gab es manche Fehlbedienung, die mit dem Weichenstelleisen korrigiert werden musste. Mit Beginn der Baumaßnahme 1978 und der Verlegung der Hauptfriedhofstrecke in die Rudolfstraße (1980 in Betrieb genommen) entfiel dies und die damaligen Fahrer werden dem keine Träne nachgeweint haben.
1977 - Endschleife iga

Der Zustand der Wagen spricht Bände. Man hatte die vorher hellgraue Dachlackierung durch eine schwarze Teerfarbe ersetzt, weil man der Verschmutzung durch das Graphit der Stromabnehmerschleifleisten einerseits und der Umweltverschmutzung andererseits nicht mehr Herr wurde. Allerdings gelangte die nicht dauerfeste Teerfarbe über die Regenabläufe auf die Seitenwände der Fahrzeuge, was diese nun zusätzlich verschmutzte... Genereller Farbmangel zum Einen und unzureichende Lackierkapazitäten zum Anderen erlaubten nur partielle Farbausbesserungen und auch Unfallschäden ließen sich nur zeitverzögert abarbeiten, da die Werkstattkapazitäten zu jener Zeit mit den Anforderungen nicht Schritt halten konnten. Erst Anfang der 80er Jahre besserte sich die Situation wieder, mit der Energiekrise in der DDR wuchs eine neue Wertschätzung der Elektrischen. Aber die Qualität der Tatras brachte sogleich neue Probleme...
1978 - Linie 5 Richtung iga

Mit der Stilllegung der Altstadtstrecke verlor das Büromaschinenwerk Optima am Mainzer Hofplatz seine Straßenbahnanbindung, die Abwanderung vieler Fahrgäste war die Folge, ebenso ein zugeparkter Mainzer Hofplatz. Gleichwohl gab es sachliche Zwänge, die zur Veränderung der Anbindung des Gothaer Platzes über die Melanchthon- und Lutherstraße führten.